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13.8.1923: Stresemann neuer Kanzler |
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Als 1919 die Deutsche Nationalversammlung eröffnet wurde, schrieb ein national-konservativer Abgeordnteter der Deutschen Volkspartei an seine Frau: "Ich bin mit dem Herzen bei den alten Zeiten, und es tut mir weh zu sehen, wie sich alles geändert hat."
Der Abgeordnete, der der Monarchie nachtrauerte, hieß Gustav Stresemann. Vier Jahre später übernahm er das Amt des Reichskanzlers der Republik, und bis zu seinem Tod 1929 vertrat er den zunächst ungeliebten Staat als Außenminister vor aller Welt: "In diesen Zeiten großer bewegender Fragen, von denen unsere Zukunft abhängt, gibt es in unserer Partei nur einen Leitstern: die Ansprüche der Zeit zu befriedigen, frei von Illusionen in sachlicher nüchterner Arbeit und jener Realpolitik, die in Wirklichkeit das höchste an Idealismus ist, weil sie das heiße Herz da bändigt, wo nur der kühle Verstand uns vorwärts zu bringen vermag."
In stürmischen Zeiten
Und kühler Verstand war notwendig, denn es waren stürmische Zeiten, als Gustav Stresemann sein Amt antrat. Linke Aufstände wechselten mit rechten Putschversuchen, ebenso schnell wechselten die Regierungskoalitionen. Seit Anfang des Jahres hatten französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet besetzt, weil Deutschland seinen Reparationspflichten nicht nachkam.
Der passive Widerstand der Bevölkerung führte zu einer weiteren Verschärfung der wirtschaftlichen Krise, die Inflation nahm phantastische Ausmaße an. Als Stresemann im August 1923 Kanzler wurde, lag der Dollar bei umgerechnet 2,3 Mio. Euro, im November, kurz vor der Währungsreform, hatte er schon die Billionengrenze überschritten.
Konsolidierung der Wirtschaft und Ende des Ruhrkampfes
Eines der ersten Ziele, die Stresemann in Angriff nahm, war deshalb die Konsolidierung der Wirtschaft. Dazu war es notwendig, den Ruhrkampf zu beenden - eine Maßnahme, die ebenso unumgänglich wie unpopulär war. Lange versuchte Stresemann mit Frankreich ein für Deutschland 'ehrenhaftes Ende' des Ruhrkampfes auszuhandeln - ohne Erfolg.
Im September fügte er sich ins Unabänderliche und gab das Ende des passiven Widerstandes bekannt. Die rechte Presse fiel daraufhin über ihn her, man solle ihn wegen Hochverrats anklagen. Morddrohungen kursierten - und angesichts der Morde an Erzberger und Rathenau in den vorangegangenen Jahren waren dies keine leeren Drohungen. Die Ultrarechte konnte Stresemann nicht verzeihen, dass er sozusagen das Lager gewechselt hatte und nun für Verständigung mit dem Feind eintrat. Andererseits konnte Stresemann, gerade weil er ein gemäßigter Rechter war, viele bürgerlich-rechte Kräfte für eine neue Realpolitik gewinnen.
Erfolge und der Friedensnobelpreis
Stresemanns Politik der Konsolidierung und des Ausgleichs brachte Erfolg. Im November 1923 beendete die Einführung der Rentenmark die Inflation, und in zahlreichen Verträgen konnte Stresemann die außenpolitische Isolierung des Deutschen Reiches durchbrechen. Für seine Bemühungen um Versöhnung wurde er 1926 zusammen mit seinem französischen Kollegen Aristide Briand mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Rücktritt nach nur 100 Tagen
Als Kanzler konnte er die Früchte seiner Arbeit jedoch nicht mehr ernten: Im November 1923 wurden zwei Misstrauensanträge gegen Stresemann eingereicht: Der erste kam von Seiten der SPD, der zweite von der Deutsch-Nationalen Volkspartei. Derart von links und rechts attackiert, stellte Stresemann im Parlament die Vertrauensfrage. Er verlor die Abstimmung mit 156 zu 231 Stimmen. Am 23. November 1923, nur 100 Tage nach seinem Amtsantritt, trat Gustav Stresemann als Kanzler zurück.
Autorin: Rachel Gessat |
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