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19.2.1913: Frauenrechtlerinnen verüben Anschlag auf Minister |
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Die Rolle der Frau ist im britischen Empire vor 1900 klar definiert: Frauen wachen über die Kinder und organisieren den Haushalt. Eine eigene Meinung wird der viktorianischen Frau nicht zugestanden. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts ändert sich das, Frauen beginnen sich einen neuen Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen. Doch bei politischen Wahlen werden sie nicht zugelassen. Jahrzehntelang versuchen Aktivistinnen das Frauenwahlrecht, in Großbritannien "Suffrage" genannt, durchzusetzen. 1913 erreicht dieser Kampf eine neue Dimension.
Eine Explosion
Am 19. Februar 1913 zerstört um sechs Uhr morgens eine gewaltige Explosion ein Haus im beschaulichen Walton Heath nahe London. Zum Glück gibt es keine Verletzten, denn das Anwesen des britischen Finanzministers David Lloyd George befindet sich noch im Bau. Schnell ist klar, wer für die Explosion verantwortlich ist.
Die radikale WSPU, die "Womens Social and Political Union", bekennt sich zu dem Anschlag. Ihre Gründerin Emmeline Pankhurst übernimmt die Verantwortung. Sie ist eine gebildete Frau aus bürgerlichen Kreisen. Für das Wahlrecht der Frauen kämpft sie mit allen verfügbaren Mitteln.
Ihre Tochter, Christabel Pankhurst, rechtfertigt 1908 die zunehmende Radikalität der sogenannten Suffragetten: "40 Jahre lang wurde diese vernünftige Forderung auf stille und geduldige Weise dem Parlament vorgelegt. Es wurden Versammlungen veranstaltet und Anträge unterschrieben für das Frauenwahlrecht. Doch das Ergebnis ist ein Misserfolg. Der Grund für diesen Misserfolg ist, das Frauen nicht fähig waren, auf die Regierung Druck auszuüben, und die Regierung bewegt sich nur, wenn sie unter Druck gerät."
Verhaftungen und Hungerstreiks
David Lloyd George hat durchaus Sympathien für das Anliegen der Suffragetten. Doch als die liberale Regierung, der er angehört, das Wahlrecht reformiert, wird lediglich der Kreis der wahlberechtigten Männer erweitert. Die Frauen bleiben weiterhin außen vor.
Die spektakulärste Aktion findet ein paar Monate nach dem Anschlag auf Lloyd Georges Haus statt. Im Juni 1913 wirft sich Emily Davis bei einem Derby vor das königliche Pferd. Ihr Tod macht sie für die Suffragetten zur Märtyrerin. Immer mehr Suffragetten werden verhaftet. Die Frauen kämpfen mit Hungerstreiks in den Gefängnissen weiter.
Cat and Mouse
Doch die Zwangsernährung stößt auf Ablehnung in der Öffentlichkeit. Daher verabschiedet das Parlament 1913 den in der Bevölkerung sogenannten "Cat and Mouse Act". Treten verurteilte Frauen in Hungerstreik, dürfen sie fortan nicht mehr zwangsernährt werden. Sind sie zu geschwächt, werden sie entlassen. Geht es ihnen jedoch besser, werden sie beim kleinsten Gesetzesverstoß wieder inhaftiert, um den Rest ihrer Strafe abzusitzen. Der Staat schien mit den Frauen zu spielen wie eine Katze mit Mäusen.
Auf Verstöße der Frauen musste die Polizei selten lange warten. Mit kleinen Hämmerchen, die in England Karamellkonfekt beigelegt werden, zerstören sie bevorzugt die Schaufensterscheiben der Londoner Innenstadt.
Auch Emmeline Pankhurst verbringt 1913 nur ein paar Tage im Gefängnis, weil sie zu krank ist. Ursprünglich wird sie für den Bombenanschlag auf das Haus von David Lloyd George zu drei Jahren Haft verurteilt.
Wahlrecht für Frauen und Ehrung für Pankhurst
Der gewaltsame Kampf kostet die Suffragetten viele Sympathien. Die Medien berichten fast nur noch über die spektakulären Gewaltakte der Suffragetten. Friedliche Proteste anderer Wahlrechts-Vereine werden nicht mehr wahrgenommen.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 beendet die gewaltsamen Aktionen. Emmeline Pankhurst unterstützt nun die Kriegspolitik der Regierung. Während die Männer auf den Schlachtfeldern des Kontinents sterben, übernehmen die Frauen im Vereinigten Königreich die klassisch männlichen Tätigkeiten und treiben so ihre Emanzipation voran.
1918 dann, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, erhalten Frauen im Alter von 30 Jahren das Wahlrecht. Zehn Jahre später, 1928, wenige Wochen nachdem das allgemeine Wahlrecht für Frauen ab 21 Jahren eingeführt wird, stirbt Emmeline Pankhurst. Bereits zwei Jahre später wird sie mit einer Statue neben dem britischen Parlament geehrt.
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