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18.11.1996: Börsengang der Deutschen Telekom
Zwei Hände, geformt zu einem T. Dieses Zeichen war früher nur den Basketballfans bekannt. Trainer benutzen es, um eine Auszeit für ihre Mannschaft einzufordern. 1996 erfährt das Zeichen eine Umdeutung. Die Telekom startet eine der größten Werbekampagnen der bundesdeutschen Geschichte. Die gekreuzten Hände sollen von nun für das Firmenlogo "T" der Deutschen Telekom stehen.

Als die Telekom am 18. November 1996 zum ersten Mal als Aktie gehandelt wird, hat sich der Aufwand für das Unternehmen gelohnt. Viele Bürger investieren zum ersten Mal in eine Aktie. Das Aushängeschild der Werbekampagne ist der Schauspieler Manfred Krug, der seine Person eng mit der T-Aktie verknüpft. In der Werbung sagte er: "Wenn die Telekom jetzt an die Börse geht, klar, dass ich da mitgehe."

Der erste Börsengang

Mitte der 1990er-Jahre steht die Deutsche Telekom vor einer Herausforderung: Um im Wettbewerb zu bestehen, muss der ehemalige Staatsbetrieb sein Eigenkapital erhöhen und Schulden abbauen. Der frischgebackene Konzernchef Ron Sommer will sein Unternehmen daher an die Börse führen. Peter Glotz schreibt in seinem Buch "Ron Sommer. Der Weg der Telekom": "Besonders idyllisch war die Ausgangsposition 1995 (...) nicht. (...) Die Telekom war ein Steinbruch mit 125 Milliarden Schulden. (...) In dieser Situation wollte Sommer die zweitgrößte Aktienemission der Geschichte lancieren. (...) Dazu musste die Unternehmensstrategie in die Sprache der Zielgruppen übersetzt werden. Im Fall der Telekom, die ihre Aktie von Anfang an zur Volksaktie machen wollte, waren das nicht nur Investoren, (...) sondern auch die eigenen Mitarbeiter und das Volk."

Die Aktie wird zum Preis von 28,50 D-Mark (14,31 Euro) angeboten. Börsianer sowie fast zwei Millionen Privatanleger greifen zu und stellen mit 172 Millionen verkauften Papieren einen Weltrekord der Börsengeschichte auf. Die ausgegebenen Aktien sind bald mehrfach überzeichnet. Dem Konzern bringt dieser erste Börsengang umgerechnet rund 10 Milliarden Euro ein. Telekom-Chef Ron Sommer sieht sich bestätigt. Der einstige Staatsbetrieb scheint sich zum "Global Player" zu mausern, er sagte damals: "Wir haben eine klare und eindeutige Zukunftsvision. Wir wollen aus dem national orientierten Netzbetreiber Deutsche Telekom einen der führenden globalen Anbieter netzbasierter Kommunikationslösungen machen."

Der zweite Börsengang

Knapp zweieinhalb Jahre später wiederholt die Telekom den Erfolg mit einem zweiten Börsengang. Diesmal liegt der Ausgabepreis bei 39,50 Euro. Wer bisher noch nicht dem Aktienfieber erlag, will spätestens jetzt seinen Anteil am großen Reibach. Im März 2000 ist die T-Aktie über 100 Euro wert. Kurze Zeit nach diesem Höchststand verkauft der Bund als Großaktionär im dritten und letzten Börsengang weitere 200 Millionen T-Aktien. Diesmal zu einem Preis von 66,50 Euro.

Dieser Verkauf beschert dem Bund einen Erlös von gut 15 Milliarden Euro. Marc Tüngler, Geschäftsführer der "Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz" DSW dazu: "Der Staat wollte damals auch noch schnell Kasse machen, denn die Kurse waren ja noch hoch. Man wusste nicht, wo die Reise hingeht mit den Kursen, und man hat sich an dem Kurs orientiert, der vorher fast bei 100 Euro war! Man wollte noch schnell Kasse machen, und das hat man auch gemacht - auf Kosten der Bürger, das muss man heute ganz klar sagen."

Der Absturz

2001 beginnt der Sinkflug der T-Aktie. Die Börsen quittieren die Übernahme des US-Mobilfunk-Unternehmens "Voicestream" mit Kursverlusten. Als die Bilanz des Jahres 2000 erscheint, wird klar, dass der Erfolg der Aktie nicht mit dem wahren Wert des Unternehmens mithalten kann. So können Abschreibungen von über zwei Milliarden Euro auf Immobilien des Unternehmens nicht vom tatsächlichen Immobilienbesitz gedeckt werden.

Im Juni 2002 ist die T-Aktie nur noch 8,14 Euro wert. Anleger, die erst nach dem dritten Börsengang T-Aktien erwarben, verlieren fast 90 Prozent ihrer Investition. Es trifft vor allem Kleinanleger. Sie haben zum großen Teil erstmals in Aktien investiert und fast alles verloren. Marc Tünglers Meinung dazu: "Ich glaube, was die Anleger betrifft, war schlichtweg die Erwartungshaltung zu hoch, weil auch die Werbekampagne schlichtweg zu rosa-rot war, und alle dachten, es ginge wieder bergauf. Heute müssen wir leider feststellen, dass das so sicherlich nicht korrekt war. Juristisch nicht fassbar, aber so etwas werden wir wahrscheinlich nie wieder erleben."

Am 16. Juli 2002 stellt sich Ron Sommer der Öffentlichkeit und erklärt seinen sofortigen Rücktritt. Der einstige Werbeträger Manfred Krug bedauert 2007 in einem Interview mit dem Magazin "Stern", dass er für den Börsengang der Telekom geworben hat und entschuldigt sich bei allen Aktionären, die ihr Geld verloren haben.



Autor: Max Seidler
   
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