 |
 |
 |
 |
 |
|
16.6.1958: Imre Nagy hingerichtet |
|
 |
 |
|
 |
"Ich bin sicher, dass die internationale Arbeiterbewegung das ungarische Volk mich rehabilitieren werden. Ich bin das Opfer eines schweren Justizirrtums. Ich bitte nicht um Gnade." Imre Nagy - hingerichtet am 16. Juni 1958. Imre Nagy war Kommunist. Lange Jahre lebte er in der Sowjetunion. Er erlebte die Oktoberrevolution und wurde Zeuge stalinistischer Säuberungen. In Ungarn steht er nach 1945 für einen neuen Kurs, für einen menschlichen Sozialismus und wird schließlich Ministerpräsident, bis ihn die Alt-Stalinisten stürzen.
Demokratisierung
Anfang 1956 verurteilt der sowjetische Parteichef Chruschtschow die Methoden der Ära Stalin und löst damit Hoffnung im gesamten Osten aus. In Polen demonstrieren Arbeiter. Aus Sympathie zu ihnen gehen in Ungarn am 23. Oktober Studenten auf die Straße. Sie reißen die monumentale Stalin-Statue ein. Sowjetische Truppen greifen ein. Imre Nagy wird wieder Ministerpräsident, er sagte damals: "Menschen von Budapest! Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, werden alle, die bis 14 Uhr ihre Waffen abgegeben haben, nicht standrechtlich bestraft. Als Ministerpräsident werde ich alles unternehmen, um die Demokratisierung unseres Landes in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu verwirklichen."
Volksaufstand
Aus den Studentenprotesten wird ein Volksaufstand. Selbst Armee und Polizei ergreifen Partei für die Demonstranten. Sie stürmen die Parteiverwaltung, zum Teil herrscht Lynchjustiz. Die sowjetischen Truppen, die in Ungarn stationiert sind, sind machtlos. Imre Nagy gewinnt an Macht und verhandelt mit Moskau: "Herr Ministerpräsident, könnten Sie einige Worte in deutsch sagen. Glauben Sie, dass Sie in Ihren Verhandlungen mit den Russen nur dann Erfolg haben, wenn das alles mit dem Warschauer Pakt. Nein mir scheint nicht. Ungarn kann ein Einzelfall sein? Mir scheint ja. Also, Herr Ministerpräsident, darf ich etwas fragen? Also was ist mit dem Warschauer Pakt? Na ja, ich will eben davon."
Die Rote Armee in Budapest
Anfang November verkündet Nagy, den Austritt Ungarns aus dem Warschauer Pakt. Zu diesem Zeitpunkt bewegen sich bereits sowjetische Truppen auf Budapest zu. János Kádár verhandelt mit Moskau und erklärt die Regierung Nagy für ungültig. Am 4. November beginnt der sowjetische Angriff.
Imre Nagy: "Hier spricht Ministerpräsident Imre Nagy. Sowjetische Truppen greifen seit dem Morgengrauen unsere Hauptstadt an, mit dem eindeutigen Ziel die rechtmäßige Regierung der Ungarischen Volksrepublik zu stürzen. Unsere Truppen stehen im Kampf, die Regierung ist an ihrem Platz. Ich bringe diese Tatsache unserem Land und der Weltöffentlichkeit zur Kenntnis."
Nach zwei Tagen kontrolliert die Rote Armee Budapest. Über 3.000 Menschen sterben bei den Kämpfen. Bei vielen Ungarn wächst der Hass auf die Besatzer aus dem Osten.
Verhaftung und Tod
Am 7. November trifft der neue Ministerpräsident János Kádár in Budapest ein. Nagy und einige seiner Gefährten flüchten in die jugoslawische Botschaft. Drei Wochen verbringen sie in diesem Asyl, von sowjetischen Panzern umstellt. Kadar sichert seinem Vorgänger Straffreiheit zu. Als dieser daraufhin die Botschaft verlässt, wird er vom KGB verhaftet. Imre Nagy weigert sich sein Amt als Ministerpräsident formal niederzulegen und wird nach Rumänien deportiert. In einem Schauprozess wird er zum Tode verurteilt - hingerichtet am 16. Juni 1958.
Der Schriftsteller Gyala Hay, ein Freund von Imre Nagy erinnert sich an eine letzte Begegnung im Gerichtssaal: "Ich habe sehr wenig gesehen, und um mich herum habe ich das Gefühl gehabt, dass eine runde Wand mich umgibt, eine Wand von Schatten, eine Wand von Dunkelheit. Der Richter hat Imre Nagy gefragt, ob er eine Frage an mich richten wolle. Er stand auf, kam einige Schritte näher, hat mich lange angeschaut, mit einem fast unmerklichem Lächeln und sagte: "Danke, ich habe keine Frage". Ich habe ihn nicht mehr gesehen, und die Welt hat ihn auch nicht mehr gesehen."
Rehabilitation
Nach seinem Tod wird Nagy auf freiem Feld begraben, nichts sollte mehr an ihn erinnern. Erst 1989, nach dem Ende der Kadar-Regierung, wird Nagy rehabilitiert und feierlich begraben.
Autor: Gábor Halász |
 |
|
 |
|
|
|
 |
|
 |
|
|
|
 |
|
|
 |
|