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5.5.1955: Bundesrepublik souverän
Anfang Mai 1945 kapitulierte Deutschland. Die Bombardements waren vorbei, nicht jedoch der Mangel an praktisch allem, was Menschen zum Leben benötigen. In dieser Nachkriegszeit war es der Kölner Kardinal Frings, ein Kirchenmann alter Couleur, der den Menschen moralische Stütze bot mit einer Verhaltensmaßregel gegenüber den Besatzern, von deren Güterzügen die Hungernden und Frierenden Heizmaterial "organisierten". Später sollte dies mit dem Verb "fringsen" sogar in den Duden Eingang finden.

Dass US-Amerikaner, Briten, Franzosen und Sowjets das Land in vier Besatzungszonen unter sich aufteilten und faktisch die Staatsgewalt übernahmen, machte sich in einer Fülle von Vorschriften und Einschränkungen bemerkbar. Es begann die Zeit der Demontage deutscher Industriewerke. Nicht hoch genug anerkannt werden kann aber auch in diesem Zusammenhang der so genannte "Marschall-Plan" der US-Amerikaner, der mit seinen finanziellen und praktischen Hilfen Deutschland wieder zum Leben erweckte.

Sehr bald sollte sich herausstellen, dass diejenigen, die in der sowjetischen Besatzungszone lebten, in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht, vor allem aber im Blick auf demokratische Freiheiten, den Kürzeren gezogen hatten. Die nationalsozialistische Diktatur wurde durch die sowjetische und in der späteren DDR durch die kommunistische ersetzt.

Das Ende der Besatzungszeit

Zwar war auch die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland im Westen zunächst kein souveräner Staat. Auf dem Petersberg bei Bonn residierten als Vertreter der Besatzungsmächte die drei Hohen Kommissare, davon war jedoch im Laufe einer sicherlich langen und auch beschwerlichen Zeit in der Praxis immer weniger zu bemerken.

Schließlich änderte sich auch staatsrechtlich die Situation, als Deutschland - der westliche Teil mit der Bundesrepublik - am 5. Mai 1955 seine Souveränität wiedererlangte. Konrad Adenauer konnte mit Stolz verkünden: "Heute, fast zehn Jahre nach dem militärischen und politischen Zusammenbruch des Nationalsozialismus, endet für die Bundesrepublik Deutschland die Besatzungszeit."

Weder in der Weltöffentlichkeit noch in der Bundesrepublik selbst wurde dieser 5. Mai 1955 als eine wesentliche Zäsur empfunden, mit der eine Epoche der deutschen Nachkriegsgeschichte endete und eine neue begann. Für die Deutschen lag das zum Teil daran, dass eine ihrer wesentlichen Forderungen, nämlich diejenige auf Wiederherstellung ihrer Einheit, nicht erfüllt wurde. Zum anderen lag es auch daran, dass diese juristische Festlegung der tatsächlichen politischen Praxis mit weitem Abstand folgte.

Die ungelöste nationale Frage

Entsprechend dem politischen Konzept der Sozialdemokraten, den Schwerpunkt weniger auf die von Adenauer betriebene Integration in den Westen, als vielmehr auf die nationale Frage zu legen, kritisierte damals Erich Ollenhauer für die SPD-Fraktion die Verpflichtung, einen militärischen Beitrag innerhalb der NATO zu leisten und fuhr dann fort: "Deutschland ist nach wie vor gespalten. Von der Souveränität Deutschlands kann erst die Rede sein, wenn Deutschland in Freiheit wiedervereinigt ist. Dieses Ziel zu erreichen, bleibt die vordringlichste politische Aufgabe des ganzen deutschen Volkes."

Wer von den Abgeordneten des Deutschen Bundestages, wer von den Menschen in Deutschland, mag an diesem 5. Mai 1955 wirklich an diese Wiedervereinigung geglaubt haben?


Autor: Otto Busch
   
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