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14.7.1881: Erstes deutsches Telefonbuch |
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Erst seit 1983 heißt das "Verzeichnis der bei der Fernsprecheinrichtung Beteiligten" auch offiziell so, wie es schon immer genannt wurde: Telefonbuch. Da war es bereits über 100 Jahre alt, denn das erste seiner Art in Deutschland erschien am 14. Juli 1881 in Berlin.
Die im ersten Telefonbuch verzeichneten Teilnehmer blieben nicht vom Spott verschont: Vom "Buch der 94 Narren" sprach die Berliner Schnauze und bedauerte die Unglücklichen, die auf den "Schwindel aus Amerika" hereingefallen waren. Viele Firmen hielten die Innovation noch für völlig überflüssig: "Wir haben ein gut ausgebautes Botensystem. Was soll uns da das Fernsprechen nützen?"
Aber nicht alle Unternehmer zeigten so viel Skepsis, so enthält die erste Ausgabe hauptsächlich Einträge von Banken, Hotels und Geschäftshäusern. Unter den ersten war auch der Hofkonditor Kranzler, der feststellte, dass sich sein Umsatz durch die telefonischen Bestellungen fast verdoppelte. Also keinesfalls eine Narretei, eher ein Argument dafür, sich ebenfalls anzumelden.
Welche Dynamik sich hier entwickelte, kann man daran ablesen, dass das Telefonbuch anfangs monatlich erschien. 1885 hatte nur einer von dreihundert Berlinern einen Telefonanschluss, 1889 wurde dann die zehntausendste Sprechstelle eingerichtet, und 1898 gab es in Berlin bereits mehr Anschlüsse als in ganz Frankreich zu der Zeit.
So schnell sich nun das Telefon den Platz im Alltag der Berliner eroberte, so notwendig war es anfangs doch, das Telefonieren regelrecht zu erlernen. Eine beigefügte Gebrauchsanleitung erklärte den Umgang mit dem Fernsprecher:
Zitat: "Teilnehmer A wünscht Teilnehmer B zu sprechen. Zu diesem Zwecke weckt A zunächst die Vermittlungsanstalt, indem er kurze Zeit gegen den Knopf a (siehe Zeichnung) drückt, hebt hierauf den Fernsprecher b vom Haken c und hält ihn mit der Schallöffnung gegen das Ohr. Die Vermittlungsanstalt antwortet: Hier Amt, was beliebt? A erwidert durch den Fernsprecher: Wünsche mit Nummer (Nummer von B in Teilnehmerliste) zu sprechen. Die Anstalt gibt zurück: Bitte rufen und stellt die gewünschte Verbindung her. A weckt nunmehr B durch nochmaliges Knopfdrücken. Nachdem die Gegenmeldung: Hier B, wer dort? eingegangen ist, beginnt er endlich die Unterhaltung mit: Hier A."
Um die Verständigung mit dem Fräulein vom Amt zu erleichtern und Übertragungsfehler zu verhindern, war dem Telefonbuch ab 1890 eine sogenannte Buchstabiertafel beigefügt. Zunächst ordnete sie den Buchstaben Zahlen zu, also a=1, b=2, usw., doch bald wurden die Zahlen durch Namen ersetzt: von A wie Albert bis Z wie Zacharias. Die noch unausgereifte Übertragungstechnik machte es notwendig.
Das Telefonbuch spiegelte immer auch die Zeitläufe wider: 1933 ging an das Postamt in Rostock eine Zuschrift mit der folgenden Forderung ein: "In Anbetracht des nationalen Umschwungs in Deutschland halte ich es für nicht mehr angebracht, die in der Buchstabiertafel des Telefonbuchs aufgeführten jüdischen Namen noch länger beizubehalten. Ich nehme an, dass sich geeignete deutsche Namen finden lassen." So geschah es: Aus D - wie David wurde nun D - wie Dora. Nathan wurde ersetzt durch N - wie Nordpol, und statt des jüdischen Samuel erschien der germanische Siegfried.
Im Jahr 1939 wurde es Pflicht, sich auch im Telefonbucheintrag als Jude zu erkennen zu geben. Die Männer mussten den Vornamen Israel, die Frauen den Namen Sara zusätzlich führen und eintragen lassen.
In den Kriegsjahren erschien kein Telefonbuch mehr, und nach dem Krieg konnte man es nur gegen Abgabe von acht Kilo Altpapier beziehen. 1965 lag der Verkaufspreis für das amtliche Fernsprechbuch bei 5,70 D-Mark. Inzwischen bekommt jeder Teilnehmer sein Exemplar längst kostenlos frei Haus oder kann es sich beim Postamt abholen.
Autor: Dirk Stroschein |
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