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7.5.1907: Hagenbecks Tierpark eröffnet
Der typische Zoo Anfang des 20. Jahrhunderts hat etwas von einem Museum. Gehege reiht sich an Gehege, jede Tierart hat ihren eigenen kleinen Käfig. Systematisch wird jede Tierrasse und -art einzeln vorgestellt. Dann aber eröffnet in Stellingen bei Hamburg ein Zoo, der anders ist.

Der Besucher, der 1907 das imposante Eingangstor des Tierparks Hagenbeck durchschreitet, hat den Eindruck, Tiere in freier Wildbahn zu beobachten. Keine Gitter oder Käfige trennen ihn von Löwen und Eisbären, nur tiefe Gräben. Carl Hagenbeck tritt in seinem Tierpark in Stellingen bei Hamburg mit einem vollkommen neuen Konzept an. Seine Tiere treten in frei einsehbaren Gehegen auf, in scheinbar natürlicher Umgebung. Auf aufwendig beheizte Tierhäuser verzichtet Hagenbeck.

Südlandpanorama

Er hat erkannt, dass auch Tiere aus südlichen Gefilden sich mit der Zeit an europäische Temperaturen gewöhnen. In seiner Autobiografie schreibt er: "Tiere, welche mit ihresgleichen zusammen oder mit anders gearteten Geschöpfen in großen Gehegen gehalten werden, bleiben munter und gewöhnen sich an unser Klima weit schneller und besser, als wenn man sie in Einzelhaft hält. Die Langeweile ist auch bei gefangenen Tieren der schlimmste Feind der Gesundheit."

Den Mittelpunkt des Tierparks bildet ein Felsen, der aus einem Holzgerippe, Draht und Putz gezimmert wurde. Ein künstliches Gebirge auf dem sich Steinböcke und Antilopen tummeln. Davor eine Schlucht für Löwen und Tiger und Gehege für Kamele und Vögel. Zusammen ergibt sich so das sogenannte ″Südlandpanorama". In einer Zeit, als sich die wenigsten Menschen Reisen in ferne Länder leisten können, bieten Zoos und Völkerschauen Exotik für Jedermann.

Tierparadies

Der Tierhändler und Schausteller Carl Hagenbeck weiß, wie man die Werbetrommel rührt. Schon Jahre vor der Eröffnung publiziert Hagenbeck seine Vorstellungen von einem "Tierparadies". Während der Bauzeit können sich die Hamburger von den Fortschritten überzeugen. Auch die Presse berichtet schon im Vorfeld ausführlich: "Am Donnerstag der letzten Woche wurde der Naturkäfig eingeweiht, in dem eine große Anzahl von Bestien, Löwen, Tigern, Bastarden aus beiden Rassen, in scheinbarer Freiheit, in unverdorben frischer Luft und ohne Eisenstangen, den Merkmalen ihrer Gefangenschaft, ein löwenwürdigeres Dasein führen werden, " schwärmt damals die Wochenzeitschrift "Hamburger Woche", bereits Monate vor der offiziellen Eröffnung.

Carl Hagenbeck ist von klein auf an den Umgang mit Tieren gewöhnt. Sein Vater beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts damit, Seehunde in Hamburg auszustellen, die ein paar Fischern zufällig ins Netz geraten sind. Diese Vorführung erweist sich als so erfolgreich, dass die Hagenbecks sich bald auf die Zurschaustellung und den Handel mit exotischen Tieren konzentrieren.

Tier- und Völkerschauen

Bekannt wird Carl Hagenbeck aber auch durch seine Völkerschauen, bei denen er nicht nur Tiere sondern auch Menschen vor aufwendiger Kulisse präsentiert. Mit seinem eigenen Tierpark in Stellingen will sich Carl Hagenbeck nun seinen Traum von einem "zoologischen Paradies" erfüllen.

Hagenbecks Konzepte sind revolutionär. Dass damals auch Menschen aus exotischen Ländern ausgestellt werden, scheint zu dieser Zeit niemanden zu erregen. Die Kritiker haben lediglich zu benörgeln, dass die angebliche Freiheit der Tiere nur vorgegaukelt ist. Doch es dauert nicht lang, bis Zoos in aller Welt die neuartige Ideen aus Stellingen übernehmen.



   
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