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18.6.1929: Jürgen Habermas geboren
Der Philosoph Volker Gerhardt würdigt Habermas zu dessen 70. Geburtstag 1999 in der "Berliner Zeitung": "Tatsächlich ist er eine Ausnahmeerscheinung in der Philosophie der Gegenwart. Nie zuvor war einer in so vielen prominenten Rollen produktiv: als Intellektueller und Publizist, als akademische Autorität und politischer Moralist, als parteilicher Anwalt und zugleich Widersacher der revoltierenden Intelligenz sowie als Botschafter einer sich kritisch erneuernden deutschen Kultur."

"Student und Politik"

Das Ende der nationalsozialistischen Diktatur 1945 prägt Habermas. Die Gräueltaten der Nationalsozialisten sollen sich nicht wiederholen. Sein Wunsch nach einer gerechten Gesellschaft und seine scharfsinnigen politischen Beobachtungen ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Werk, meint auch Sozialphilosoph und Habermas-Biograf Detlef Horster. Schon in Habermas Vorwort zur Studie "Student und Politik" von 1961 wird seine Haltung deutlich, Detlef Horster dazu: "Habermas hat mit dieser Schrift gezeigt, dass es da zwei Dinge gibt, und dass die Verfassungswirklichkeit noch weit entfernt ist von der geschriebenen Verfassung. Und wenn man so will ist das der entscheidende Punkt der Habermaschen Theorie: die Kluft zwischen Sein und Sollen. Dass es immer Entwicklungstendenzen in der Gesellschaft gibt, die auf eine mehr und mehr der Gerechtigkeit sich annähernde Gesellschaft hinweist."

"Herrschaftsfreiheit"

Bereits 1956 holt Theodor W. Adorno Habermas als Assistenten ans Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Habermas wird dadurch Teil der sogenannten Frankfurter Schule um Adorno und Max Horkheimer, die für eine Kritische Gesellschaftstheorie steht. Früh entwickelt Habermas den Begriff der "Herrschaftsfreiheit". Nur mit ihr kommt es im kommunikativen Akt zum "eigentümlich zwanglosen Zwang des besseren Argumentes".

Ein demokratischer Rechtsstaat muss seinen Bürgern demnach das Recht und die Möglichkeit einräumen, den eigenen Willen frei zu bilden. Habermas wird damit zu einem intellektuellen Vordenker der 68er-Bewegung. Obwohl sich Habermas von den radikalen Studierenden distanziert, kritisiert Max Horkheimer Habermas als zu links.

"Theorie des kommunikativen Handelns"

Horkheimer nimmt in der Folge die Habilitationsschrift von Jürgen Habermas nicht ab. Mit "Strukturwandel der Öffentlichkeit" habilitiert Habermas schließlich in Marburg. Die Arbeit wird zu einer der bedeutendsten soziologischen Schriften. Als Hauptwerk von Jürgen Habermas gilt jedoch seine "Theorie des kommunikativen Handelns" von 1981.

Detlef Horster dazu: "Also wenn man das auf eine Kurzformel bringen will, dann realisiert sich für Habermas Gesellschaft dadurch, dass die Menschen handeln. Beispielsweise wenn wir die Verfassung sehen, dann haben wir die Verfassung geschrieben, aber die wird nur realisiert dadurch, dass Menschen handeln. Und daran kann man dann auch den Gehalt einer Verfassung und den Zustand einer Gesellschaft ermessen."

Die Idee des Gerichtshofs der Vernunft

Habermas Idee, es gäbe eine Art Gerichtshof der Vernunft, wird häufig in politisch-gesellschaftlichen Debatten herangezogen. Er selbst engagiert sich früh gegen den Vietnamkrieg, kommentiert unter anderem in der ZEIT den Irak- und Kosovo-Krieg, schreibt über Freiheit und Demokratie. Seine Rolle als weltweit anerkannter Wissenschaftler sieht er jedoch bescheiden: "Meine Theorien sind nicht mehr aus einem Guss und in dem Sinne keine Philosophie mehr. Sondern ich habe mich an verschiedenen und speziellen Diskursen beteiligt in der Wissenschaft."

Eine ausgearbeitete, eigenständige hermeneutische Theorie sucht man im Werk von Habermas daher vergebens. Sein Anspruch zielt stets weiter, auf eine Theorie des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses schlechthin, aus dem im Idealfall die Vernunft als Sieger hervorgeht.


   
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