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22.6.1950: Der erste "Leukoplastbomber"
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"In der großen Montagehalle der Lloyd-Motorenwerke in Bremen ist heute Nachmittag Hochstimmung. Unter anderem wird der 100.000 Lloyd-Wagen - wie es schon Tradition bei diesem Unternehmen ist - für einen der Belegschaftsmitglieder, und das sind 4.500, verlost werden. Sie sehen, die Stimmung ist schon ziemlich kräftig, denn der Wagen ist nur einer von 80 Gewinnen."

Eine Verlosung von Autos für die eigenen Mitarbeiter. Wo gab es den so was? In den Montagewerken der Borgward-Automobilfabriken in Bremen. Carl Friedrich Wilhelm Borgward war nicht nur ein genialer Konstrukteur, sondern auch ein sozial eingestellter Firmenchef.

Borgward - das ist einer der klangvollsten Namen der deutschen Industriegeschichte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit dem Bau von Kühlern und Kotflügeln legte er Anfang der 1920er-Jahre den Grundstein für sein Imperium - bis 1945 hatte er 27 verschiedene Modelle auf den Markt gebracht - darunter ein Dreirad-Auto, das als "Blitzkarre" weltberühmt wurde.

Lloyd, Isabella und Arabella

Durch das Motorisierungsprogramm der Nationalsozialisten stieg Borgward zum größten Lastwagenhersteller Deutschlands auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg - die Werke in Bremen-Sebaldsbrück waren fast völlig zerstört - wagte Borgward einen Neuanfang. Er gelang, im Sommer 1950 lief der erste "Lloyd" vom Band: Wegen seiner Holzkarosserie hatte er rasch seinen Spitznamen weg: Leukoplastbomber. Doch der Lloyd wurde eine Erfolgsgeschichte. Die Produktionszahlen schnellten rasch nach oben.

Auch in der Vielfalt ließ der Lloyd nichts zu wünschen übrig. Der Wagen passte in die Wirtschaftswunderzeit, dem ersten Lloyd folgte die berühmte "Isabella" und schließlich als Krönung der Lloyd "Arabella".

Wagen aus Bremen - Wagen von Ruf - dieser Werbespruch begleitete Borgwards Weg zum viertgrößten Autohersteller Deutschlands - doch offensichtlich wurde das Unternehmen zu groß: Für den Chef und für die Konkurrenz. Fehler im Management und falsche Berater führten schließlich Anfang der 1960er-Jahre zum Konkurs.

"Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd"

Am Ende gingen 23.000 Arbeitsplätze verloren, die Werke wurden verkauft und demontiert. Es war zugleich die Demontage des Lebenswerkes von Carl Borgward. Er starb im Sommer des Jahres 1963. Seine Autos aber leben weiter - gehegt und gepflegt ist das Lloyd Isabella Coupé noch heute ein Star auf jeder Oldtimer-Show.

Getreu dem Motto: "Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd."


Autor: Henrik Böhme
   
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