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4.9.1965: Ziehung der Lottozahlen in der ARD
Im Deutschen Fernsehen begann die Live-Übertragung des beliebtesten Spiels im Lande: Lotto. Die Akteure: 49 Kugeln, von denen sechs die Hauptrolle spielen - und Millionen Zuschauer, die darauf hoffen, dass diese Kugeln ihr Leben verändern.

Früher, als das Glücksspiel noch Lotto di Genova hieß und die Auslosung als Volksfest auf Marktplätzen statt fand, zogen Waisenkinder die Kugeln aus dem Topf. Der Hessische Rundfunk, der damals vom deutschen Lotto-Block mit der Ziehung beauftragt wurde, entschied sich allerdings für eine professionellere Darbietung.

Vom 4. September 1965 an hieß es in schöner Regelmäßigkeit jeden Samstagabend: "Der Aufsichtsbeamte hat sich vor der Ziehung von dem ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes und der neunundvierzig Kugeln überzeugt."

So gut wie keine Chance, aber sie wird genutzt

Die nach heutigen Maßstäben eher grau und altmodisch wirkende Ziehung der Lottozahlen war eine Institution mit hohem Wiedererkennungswert, deren unverbrüchlicher Ruhepol über viele, viele Jahre die zur Lottofee geadelte Karin Tietze-Ludwig war. Der wunderschöne Satz vom ordnungsgemäßen Zustand schied dann im Juni 1986 dahin - und Karin Tietze-Ludwig verabschiedete sich am 17. Januar 1998 nach 30-jähriger Amtszeit als Glücksfee und übergab die Kugeln an eine Nachfolgerin.

"Es sind fast immer die gleichen Leute, die tippen. Die haben ihren festen Tipp, und die haben Angst, das einmal zu vergessen, weil sie ja dann gewinnen könnten, wenn sie nicht getippt haben. Also, die haben sich irgendwie festgelegt. Einige tippen schon seit 20 Jahren. Manche, die tippen eben, weil der Nachbar gewonnen hat, die kommen dann auch und tippen aus dem Grund. Meistens sind es Männer, die tippen", weiß eine Zeitzeugin zu erzählen, die im Rheinland seit mehr als 30 Jahren eine Lotto-Annahmestelle betreibt.

Woche für Woche verfallen Millionen Bundesbürger dem Wahn vom großen Geld für wenig Einsatz. Dabei ist das Kreuzchenmalen die bei weitem unsicherste Methode, das große Los zu ziehen. Ein Sechser im Lotto kommt, statistisch gesehen, einmal in 13.983.816 Fällen vor. Die Leute haben also so gut wie keine Chance, aber sie nutzen sie.

Kugeln, die Leben verändern

Ein Tipper der ersten Stunde: "Ich hab auf gut Glück getippt und hab immer gehofft, dass ich eben was gewinne. Obwohl damals die Gewinne ja noch nicht so hoch waren wie heute. Heute geht es in die Millionen, die Gewinne. Damals war die Höchstbegrenzung umgerechnet 250.000 Euro. Und da hatten wir noch eine Tippgemeinschaft, und da haben wir mit sechs Mann immer getippt, jeder damals für 50 Pfennig pro Woche, das waren dann drei D-Mark. Einmal hatten wir Glück und haben einen Fünfer rausgeholt mit damals 5.800 D-Mark und ein paar Ungerade. Davon hat jeder ein bisschen was bekommen und davon habe ich mir meinen ersten Kühlschrank gekauft."

Geld macht gierig. Je höher der Hauptgewinn, desto mehr Spieler beteiligen sich. Und deshalb haben sich die Betreiber des Glücksspiels immer neue Methoden ausgedacht, um die Geld-Ausschüttungen auf Superlative zu trimmen. 1985 führten die Lottomanager den Jackpot ein. Bis dahin war, wenn sich im ganzen Land kein Sechser fand, der limitierte Höchstpreis von umgerechnet 1,5 Mio. Euro im Samstagslotto auf die Gewinner der nächsten Ränge umgelegt worden. Seither bleibt er stehen und wird wie Onkel Dagoberts Goldtalerhügel weiter angehäuft, bis einer ihn abräumt.

1991, nach der Wiedervereinigung und mit noch mehr Tippern, wurde das System dann noch einmal mit einem kleinen Trick geändert. Wer den Höchstgewinn einstreichen will, muss seither zu den sechs Treffern auch noch die richtige Endziffer seiner Lottoschein-Nummer haben. Diese Superzahl wird separat gezogen. Die Wahrscheinlichkeit, einen Top-Gewinn zu treffen, wurde damit noch mal zehnmal kleiner. Aber das spielt keine Rolle, wenn unzählige Tipper darauf hoffen, dass ein paar Kugeln ihr Leben verändern.


Autorin: Silke Bartlick
   
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Wenn ich Narr genug wäre, noch an das Glück zu glauben, so würde ich es in der Gewohnheit suchen.
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