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29.10.1923: Erste kommerzielle Radiosendung in Deutschland |
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Am Tag, als ein US-Dollar 4,2 Billionen Papiermark wert war, als Deutschland ein Millionenheer von Arbeitslosen hatte, schlug die Geburtsstunde des deutschen Rundfunks im Dachgeschoss des Berliner Vox-Hauses an der Potsdamer Straße 4.
Dabei war das Jahr 1923 eines der krisenreichsten der Weimarer Zeit: Revolten, Separatismus und Reparationen erschütterten die junge Republik. Trotzdem kam es im Herbst zur Gründung der "Aktiengesellschaft Radiostunde Berlin", die später in "Funkstunde" umbenannt wurde. Das Geburtshaus des deutschen Rundfunks, ein altes Berliner Bürogebäude mit Jugendstil-Fassade, gehörte der Schallplattenfirma Vox, die Aktienanteile der neu gegründeten Gesellschaft hielt.
Geburtsstunde des Radios
Alfred Braun, Reporter und Oberspielleiter der Radio-Frühzeit, erinnerte sich 1949: "(...) alles musste schnell gehen. Eiligst wurde das Telegraphische Technische Reichsamt beauftragt, einen Sender zu bauen. In nur zehn Tagen entstand auf dem Dachboden des Vox-Hauses eine 250 Watt starke Anlage. Die Drahtantenne spannte sich hoch über den Dächern der Potsdamer Straße. Im Senderaum richtete man sich auf live produzierte Sendungen ein. Es gab noch keinen elektrischen Abtaster für Schallplatten, so wurde also ein Mikrofon vor den röhrenden Trichter eines Grammophons gestellt."
In der Berliner "BZ am Mittag" konnte man am 30. Oktober 1923 in einer Reportage über die Geburtsstunde des Radios lesen: "Drei Minuten vor acht Uhr. Alles versammelt sich im Senderaum. Erwartungsvoll beobachtet man das Vorrücken des Zeigers der Uhr. Acht Uhr! Alles schweigt. In das Mikrophon ertönen nun die Worte: "Achtung! Achtung! Hier Sendestelle Berlin - Vox-Haus - Welle 400. Wir bringen die kurze Mitteilung, dass die Berliner Sendestelle Vox-Haus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt."
Die erste Rundfunksendung war in den Äther gegangen, ein "live" dargebotenes "Radiokonzert" von einer Stunde Dauer.
Pro Anschluss 350 Milliarden Papiermark
Der Radiogenuss war schon damals "genehmigungspflichtig", doch das störte kaum jemanden. An diesem denkwürdigen Tag gab es zwar Zuhörer, aber noch keinen einzigen zahlenden Teilnehmer. Das war auch kein Wunder, denn die amtliche "Rundfunkgebühr" hätte in Folge der Geldentwertung je Anschluss runde 350 Milliarden Papiermark als Jahresgebühr gekostet.
Was am 29. Oktober 1923 im Berliner Vox-Haus begann, entwickelte sich nach zögerlichem Start zum Schlager. Waren es Anfang Dezember 1923 nur 467 angemeldete Hörer, lauschten im April 1924 schon 8.600, Ende 1925 wurde die Millionengrenze überschritten. Die "Modetorheit Rundfunk", wie sie von einigen Kritikern zu Beginn genannt wurde, entwickelte sich in kurzer Zeit vom Kuriosum zum Massenmedium.
Ingenieur Hans Bredow, der zunächst bei Telefunken und später im Reichsdienst tätig war und liebevoll "Rundfunkvater" genannt wurde, meinte 1924: "Ach ja, und vergessen Sie bitte nicht, die Antenne Ihres Detektors zu erden, nicht wahr."
Autor: Rolf Peters |
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