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24.2.1920: Erstes NSDAP-Programm
"Diese lächerliche kleine Schöpfung mit ihren paar Mitgliedern schien mir den Vorzug zu besitzen, noch nicht zu einer "Organisation" erstarrt zu sein. Hier konnte man noch arbeiten, und je kleiner die Bewegung war, um so eher war sie noch in die richtige Form zu bringen. Hier konnte noch der Inhalt, das Ziel und der Weg bestimmt werden." Das schrieb Adolf Hitler in "Mein Kampf".

Die "lächerliche kleine Schöpfung", die er da ansprach, war die DAP, die Deutsche Arbeiterpartei, zu der er im September 1919 stieß - eine rechte Splitterpartei. Der Stuttgarter Historiker Prof. Eberhard Jäckel meinte dazu: "Das war wirklich eine ganz kleine unbedeutende Gruppierung in München. Mit bayerischem Hintergrund, hieß damals Deutsche Arbeiterpartei. Und Hitler ist dann ein paar Monate später, nach der Gründung, überhaupt erst mit ihr in Verbindung gekommen."

Vorstandsmitglied und Propagandist Hitler

Das geschah zunächst in offiziellem Auftrag. Hitler gehörte zum Bayerischen Reichswehrgruppenkommando 4, dem auch die, wie es hieß, "politische Betreuung des Münchner Raumes" oblag. Doch noch 1919 wurde Hitler Mitglied der von dem Eisenbahnarbeiter Anton Drexler und dem Journalisten Karl Harrer gegründeten Partei. Und schnell machte sich Hitler - Mitgliedsnummer 55 - als Vorstandsmitglied und Propagandist unentbehrlich.

So unentbehrlich, dass das im Februar 1920 verabschiedete 25-Punkte-Programm bereits seine Handschrift trug. Da wurde der "Zusammenschluss aller Deutschen zu einem Großdeutschland" ebenso gefordert wie etwa der "Erwerb von Kolonien" und die Aufhebung des Versailler Friedensvertrages.

Und das Programm war antisemitisch: Staatsbürger konnte danach nur sein, wer "Volksgenosse" war, das wiederum war nur, wer "deutschen Blutes" war. "Kein Jude", so hieß es kategorisch, "kann daher Volksgenosse" sein. Demnach waren auch Juden, Punkt fünf des Programms, "unter Fremdgesetzgebung zu stellen". Öffentliche Ämter würden ihnen damit versperrt sein.

Programmstruktur

Prof. Jäckel sagte zur Struktur des Programms: "Gegliedert war das schon in einen außenpolitischen Teil - großdeutsch - Österreich sollte zu Deutschland kommen, in einen antisemitischen Teil, das war damals weit verbreitet, dann in einen bezeichnenden, für Hitler später sehr störenden, sagen wir mal, sozialistischen Teil, kleinbürgerlich sozialistischen Teil und dann ein paar innenpolitische Allgemeinplätze."

Sozialistische Züge trug das Programm dort, wo etwa Verstaatlichungen gefordert wurden oder die Gewinnbeteiligung an Großunternehmen. Und die innenpolitischen Allgemeinplätze fanden sich etwa in der platten Forderung, gegen die "bewusste politische Lüge" zu kämpfen oder die "Volksgesundheit zu heben".

Ein Sammelsurium der unterschiedlichsten Forderungen, die damals im Festsaal des Münchener Hofbräuhauses vorgestellt wurden. Etwa 2.000 Menschen sollen daran teilgenommen haben.

NSDAP

Die Partei - an diesem Tag in Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP umbenannt - bot mit ihrem Programm einen werbewirksamen Katalog von Versprechungen an, mit denen sie auch die unterschiedlichsten sozialen Schichten erreichte: Ende 1920 waren ein Drittel ihrer Mitglieder Arbeiter, 14 Prozent Akademiker, weitere 14 Prozent Angestellte und Beamte sowie etwa ebenso viele Soldaten und Kaufleute.

Ihrem Selbstverständnis nach sah sich die NSDAP denn auch vor allem als "Bewegung", die die Volksgemeinschaft repräsentierte. Eine Bewegung, in der Hitler zu alles dominierenden Figur wurde. Er holte Männer seiner Wahl in den inzwischen erweiterten Vorstand und wurde im Sommer 1921 auch offiziell Vorsitzender der NSDAP.

Noch war die Partei eine primär bayerische Erscheinung, dort genoss sie zwischenzeitlich auch staatliche Protektion, aber Hitlers Ruf verbreitete sich bald über die Grenzen Bayerns hinaus.

Mobilisierung

Die Ordnertruppen der späteren SA lieferten sich blutige Saalschlachten vor allem mit Kommunisten - was zynischerweise zur weiteren Bekanntheit beitrug - und der Ankauf des "Völkischen Beobachters" brachte der Partei ein Sprachrohr im gesamten Reich. Die auch materielle Unterstützung durch einflussreiche Kreise tat ein Übriges, so dass sich die gelegentlichen befristeten Partei- oder Uniformverbote in einzelnen Ländern des Reiches nicht hinderlich auswirkten. Die Zahl der Ortsgruppen nahm zu, und nach dem gescheiterten Hitler-Putsch vom 9. November 1923 schwenkte die NSDAP auf einen vermeintlich legalen Kurs ein.

Das Parteiprogramm von 1920 war ein Instrument, weniger zur Fixierung der Ziele als zur Mobilisierung der Anhänger, wie Jäckel formuliert. 1944 blickte Hitler im Hofbräuhaus auf den Tag der Verabschiedung zurück: "Der 24. Februar ist für uns immer ein tiefer Erinnerungstag. Für die Bewegung begann an diesem Tag, aus diesem Saal der staunenswerte Siegeszug, der sie an die Spitze des Reiches zu Führung der Nation und damit zur Gestalterin des deutschen Schicksals machte."

Zynischer kann man es kaum noch ausdrücken.


Autor: Heinz Dylong
   
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