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12.3.1964: Havemann verlor Professur
Fast drei Jahre hatte die Stasi den arbeitslosen Chemieprofessor Robert Havemann Ende der 1970er in seinem Haus in Grünheide bei Berlin unter Arrest gestellt, um ihm zum Schweigen zu bringen. Doch das hat ihnen wenig genützt. Freunden aus dem Westen gelang es, Tonbandaufzeichnungen des prominentesten DDR-Kritikers außer Haus zu schmuggeln und zu veröffentlichen.

Prof. Manfred Wilke, der noch weitere Bücher über Robert Havemann schrieb, spricht mit Verehrung von seinem verstorbenen Freund: "Was ich an ihm geschätzt habe, ja, wenn man so will auch bewundert habe, ist eine für deutsche Akademiker sehr seltene Eigenschaft. Er war querköpfig, eitel, starrsinnig, und bestand auf der Vertretung seiner eigenen Meinung und das gegen alle Widerstände und alle Herrschaftsformen."

Die Herrschaft der Nationalsozialisten versuchte Robert Havemann mit einer Widerstandsbewegung zu unterlaufen. Doch die Gestapo fasste ihn und verurteilte ihn 1943 in einem Hochverratsprozess zum Tode. Überlebt hat Havemann nur deshalb, weil seine Hinrichtung zweimal verschoben wurde, da er im Zuchthaus Brandenburg kriegswichtige Forschungen durchführen sollte.

In der neugegründeten DDR wurde Robert Havemann eine Zeit lang als antifaschistischer Held gefeiert. Doch bald wurde der politisch-engagierte Chemieprofessor der SED unbequem. Als überzeugter Marxist begann er, die sozialistische Wirklichkeit der DDR in Vorträgen, Diskussionen und Aufsätzen zu kritisieren. Seine persönlichen Vorstellungen von Freiheit und Demokratie waren mit der SED-Parteidoktrin nicht in Einklang zu bringen.

Prof. Manfred Wilke: "Damals gab es 1956/1957 schon erste Auseinandersetzungen um Äußerungen von Havemann, die aber noch im Rahmen der SED bereinigt wurden, zumal die SED Havemann damals brauchte, in der ersten Welle der Anknüpfung von internationaler Anerkennung der DDR als zweitem deutschen Staat. So ist Havemann nach London gefahren, so ist Havemann mit dem CDU-Vorsitzenden Göpping zu Albert Schweitzer nach Lambarene gefahren."

Anfang der 1960er spitzte sich die Lage zu. Nach der Entstalinisierung und dem Mauerbau, so glaubte Robert Havemann, sei nun endlich die Zeit gekommen, den wahren, demokratischen Sozialismus in der DDR einzuführen. Havemann, der zu der Zeit Professor für physikalische Chemie an der Humboldt-Universität in Berlin war, bot im Wintersemester 1963/1964 eine Vorlesungsreihe an. Der harmlose Titel: naturwissenschaftliche Aspekte philosophischer Probleme - für Hörer aller Fakultäten.

Prof. Manfred Wilke: "Havemann hielt sich nicht an die Fragen, die die Naturwissenschaften und Partei betrafen, sondern er fragte, was eigentlich die zentralen Probleme des Sozialismus sind. Die zentralen Probleme, die es zu lösen gilt, war die Freiheitsfrage. Er sprach also über die Notwendigkeit von Freiheit und Demokratie im Sozialismus und forderte sie für die DDR ein. Und das in aller Öffentlichkeit an der Berliner Humboldt-Universität. Die Vorlesungen wurden zu einem kulturpolitischen Ereignis in der DDR, und aus der ganzen Republik kamen Hörer, um ihm zuzuhören. Gleichgültig was die SED tat, es kam zu einem national und international beachteten Skandal."

Nach Rücksprache mit ihren sowjetischen Genossen erteilte die SED am 12. März 1964 Robert Havemann Lehrverbot und schloss ihn aus der Partei aus. Doch die Versuche, ihn zu isolieren, scheiterten. Viele Oppositionelle, darunter bekannte Künstler, standen auf seiner Seite. Auch sie gerieten unter Druck.

Prof. Manfred Wilke: "Das endete darin, dass sich der eigen- und starrsinnige Havemann darin verwandelte in den (...) Sacharow der DDR. (...) Namentlich wurden Havemann, Biermann und Stefan Heim als ideologische Abweichler gebrandmarkt. Während Biermann seine Lieder weitermachte und Heim vorsichtiger wurde, ging Havemann in die Offensive, gab dem Spiegel ein Thesenpapier über die Wiederzulassung der KFD in der BRD. Das war 65. Danach bekam er sein wirkliches Berufsverbot in der DDR und wurde die zentrale Figur der DDR-Opposition der 1960er, 1970er Jahre, bis zu den 1980ern."

Autorin: Ulrike Hassi
   
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