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13.4.1954: "Sicherheitsrisiko" Oppenheimer |
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Am Anfang stand nur ein Verdacht, doch der wog schwer. Robert Oppenheimer war nicht irgendwer, Robert Oppenheimer war der führende Atomwissenschaftler der USA. Physiker, hochintelligent. Er konnte Griechisch, Sanskrit, promovierte im Alter von 25 Jahren in Göttingen, wusste Bescheid über Kunst und Bücher, Essen und Wein. Dieser Mann leitete von 1942 bis 1945 das sogenannte "Manhattan-Projekt" - eine zynisch harmlose Umschreibung für die Forschung an der ersten Atombombe der Welt.
Mitten in der Wüste Neu-Mexikos, bei Los Alamos entstand unter seiner Leitung die Todesmaschine, die zwar das Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutete, dafür aber Hunderttausenden Menschen in Hiroshima und Nagasaki einen grausamen Tod brachte.
Danach galt Oppenheimer als eine Art Held in den USA. Und dann, im Frühjahr 1954 saß er plötzlich auf der Anklagebank. Der Verdacht: Oppenheimer sei Kommunist, und eine solche Person könne man unmöglich weiter in der Atomforschung beschäftigen - schon gar nicht könne man einem Kommunisten Zugang zu geheimen Dokumenten gewähren.
Die USA zur Zeit der McCarthy Ära
Doch die Aufgabe, die den Senatsausschuss beschäftigte, war, erst einmal herauszufinden bzw. nachzuweisen, dass Robert Oppenheimer ein Sicherheitsrisiko sei. Drei zermürbende Wochen sollte die Befragung von Oppenheimer dauern.
Möglich wurde das Verfahren durch die Zeit der sogenannten McCarthy Ära. Der republikanische Senator McCarthy führte auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges einen Feldzug gegen Kommunisten, deren Sympathisanten und gesellschaftliche Randgruppen. Unter anderem leitete er einen Senatsausschuss zur "Untersuchung unamerikanischer Umtriebe" ein. Unter FBI-Chef John Edgar Hoover befand sich die Jagd auf Kommunisten in den USA, die Angst vor einem Überfall der Sowjetunion 1954 auf dem Höhepunkt. Das Verfahren wurde aber auch möglich durch das Verhalten Oppenheimers selbst.
Oppenheimer machte keinen Hehl daraus, dass er die Auswirkungen der Atombombe als fürchterlich empfand. Als er die Bilder vom japanischen Inferno gesehen hatte, meinte er zu US-Präsident Truman: "Jetzt klebt Blut an unseren Händen".
Machtdemonstrationen
An den Forschungsarbeiten der nächsten Waffengeneration, der Wasserstoffbombe mit einer 1.000 Mal stärkeren Zerstörungskraft, wollte sich der Physiker Oppenheimer nicht mehr beteiligen. Diese Arbeiten trieb schließlich jemand voran, der einst zum Team der Forscher in Los Alamos gehörte. Der britische Physiker Edward Teller. Er sollte im Fall Oppenheimer zur entscheidenden Person werden.
Der Ausschuss wollte auf Widersprüche in den Aussagen von Robert Oppenheimer hinaus. Man wollte seine Glaubwürdigkeit diskreditieren. Vor allem sollte herausgestellt werden, dass Oppenheimer nicht mehr ganz zur USA stand: Auf die Frage, ob er auf Grund moralischer Bedenken gegen den Abwurf einer Wasserstoffbombe auf Japan gewesen wäre, antwortete er: "Ich glaube ja."
Das war's. Von einem politisch überzeugten Atomwissenschaftler hatte der Ausschuss eine andere Antwort erwartet, aber das eben war das Missverständnis. Der USA ging es schon beim Abwurf der Atombombe nicht um die Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Deutschland war schon besiegt, die Japaner hätten auch ohne Bombe aufgegeben. Es ging vielmehr um eine Machtdemonstration gegenüber der Sowjetunion.
Ausschluss
Und das Tribunal gegen Oppenheimer sollte nicht etwa den Menschen Oppenheimer mit seinen Widersprüchen und Skrupeln der Unmenschlichkeit überführen, sondern nur nachweisen, dass er nicht verfassungstreu zur USA stehe. Dass er an der Atomwaffenforschung teilnahm, weil er als Sohn jüdischer Textilimporteure gegen den menschenverachtenden Nationalsozialismus kämpfen wollte, das Argument fiel nicht mehr so sehr ins Gewicht, obwohl es Oppenheimers private Antriebsfeder war. Immerhin lagen weitere Fakten auf dem Tisch:
Ja, Robert Oppenheimer war einmal mit einer Kommunistin befreundet. Ja, sein Bruder Frank war KP-Mitglied. Ja, seine Frau Kitty stand der kommunistischen Partei sehr nahe. Ja, viele Freunde in Kalifornien wie in Europa liebten sozialistische Ideen.
Die Beweislast schien erdrückend. Edward Teller, Oppenheimers ehemaliger Mitarbeiter, gab schließlich mit seiner abschließenden negativen Einschätzung den Ausschlag dafür, dass man dem Vater der Atombombe vom Vorsitz des Wissenschaftlerkreis der Atomenergie-Kommission ausschloss. Mehr noch, man untersagte ihm auch künftig allen Zugang zu staatlichen Unterlagen.
Rehabilitierung
Oppenheimer wandte sich dem zu, was er immer am liebsten getan hatte: Grundlagenforschung betreiben. Das Institut dafür an der Universität Princeton gab er erst 1965, zwei Jahre vor seinem Tod, auf. Zuvor war er von US-Präsident Johnson rehabilitiert worden.
Erst 1994 enthüllte dann ein russischer Spitzenspion, Pawel Sudoplatow, dass Oppenheimer die Pläne zur Atombombe an die Sowjetunion weitergegeben habe. In Wirklichkeit hatte dies ein Mitarbeiter Oppenheimers, der Brite Klaus Fuchs, getan. Doch auf die Auswahl von Fuchs für das Forscherteam hatte Robert Oppenheimer nach Meinung führender Historiker keinen Einfluss. Ob er es verhindert hätte, wenn er von der Spionage gewusst hätte, darf bezweifelt werden. Um einen Kampf gegen die Sowjetunion ging es Oppenheimer nie.
Autor: Wolfgang Dick |
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