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20.4.1938: Leni Riefenstahl "Olympia" |
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Berlin, 20. April 1938, hunderte Ehrengäste aus Politik, Kultur und Sport versammeln sich vor dem Berliner Zoopalast zur Premiere von Leni Riefenstahls "Olympia-Film". Es ist Adolf Hitlers 49. Geburtstag, der "Führer" wird zur Premiere erwartet. Ein seltenes Ereignis, normalerweise besucht Hitler keine derartigen Veranstaltungen, das überlässt er Goebbels.
"Fest der Völker" und "Fest der Schönheit" heißen die beiden Filme: nach fast zwei Jahren Arbeit sind sie fertig gestellt worden, von Leni Riefenstahl, der Regisseurin, die 1935 mit dem Film "Triumph des Willens" über den Nürnberger Reichsparteitag ein Monument faschistischer Ästhetik gesetzt hat.
Die Olympia-Filme zeigen die Berliner Spiele von 1936, beginnen mit einer Reminiszenz an das Griechenland der Antike, zeigen den traditionellen Fackellauf, die Eröffnungsfeier, die sportlichen Wettbewerbe, vor allem die der Leichtathleten.
Eine Sport-Dokumentation oder nationalsozialistische Propaganda? Die Meinungen waren damals geteilt. Dr. Jürgen Trimborn, Mitarbeiter am theaterwissenschaftlichen Institut in Köln und Organisator einer Riefenstahl-Ausstellung in Köln: "Leni Riefenstahl selbst berief sich immer darauf, dass sie ja nur das gezeigt habe, was eben dargeboten wurde. Sie berief sich darauf, eben reines "cinema verité" gemacht zu haben, also einen reinen Dokumentarfilm. Ihre Kritiker werfen ihr natürlich vor, dass sie durch die Art und Weise, wie sie die Sportler aufgenommen hat, wie sie die Olympischen Spiele 1936 in Berlin aufgenommen hat, durchaus natürlich die Realität verfälscht habe und eben ein Menschenbild präsentiert habe, dass doch sehr den Idealvorstellungen des nationalsozialistischen Regimes nahe kommt und dadurch der Film zu einem Propagandawerk im Sinne nationalsozialistischer Ideologie geworden sei."
Inzwischen ist man sich überwiegend einig, dass Form und Machart der Olympia-Filme im Kontext der nationalsozialistischen Propagandamaschinerie zu sehen sind. Die ästhetische Überhöhung des Menschenbildes und die bis ins Abstrakte gesteigerten Massenszenen gehören inzwischen zum Kanon faschistischer Ästhetik.
Die gleichgeschaltete deutsche Presse bejubelte den Film damals. Doch im Ausland war man auch anderer Meinung.
Jürgen Trimborn dazu: "Die internationale Presse, sowohl die europäische als auch die sowjetische und die US-amerikanische Presse, hat eigentlich schon sehr dezidiert darauf hingewiesen, dass der Film - es gab entsprechende Vorwürfe damals auch schon - keine Propaganda sei. Also man hat diesen Film, der ja nicht im Auftrag Hitlers und im Auftrag der NSDAP, sondern eben im Auftrag des Internationalen Olympischen Komitees entstanden ist, durchaus als angemessenen Versuch gesehen, die olympische Idee und die Olympischen Spiele umzusetzen."
Der im Film gebotene Körperkult war keine Erfindung der Nationalsozialisten. Deutsche Kulturfilme aus den 1920er- Jahren, aber auch sowjetische Filme der Ära, arbeiteten mit ähnlichen Mitteln. Unter Anspielung auf den Filmpionier Eisenstein nennt der Katalog einer großen Potsdamer Riefenstahl-Ausstellung die Regisseurin "Riefenstein". Also doch kein Propaganda-Film?
Spätestens wenn man die Kommentare der Olympia-Filme untersucht, wird deutlich, dass es sich hier um genau kalkuliertes Propaganda-Kino handelt.
Es ist wohl eine Mischung aus grenzenloser Naivität und manischer Verdrängung, wenn die im Jahr 2002 die 100-jährige Leni Riefenstahl behauptet, einen reinen Dokumentarfilm gedreht zu haben - wie in den 1990ern im Deutschen Fernsehen, Riefenstahl sagte: "Ich habe mich für politische Sachen leider nicht interessiert. Ich will damit nicht sagen, dass ich was gegen Politik habe, aber da muss man für begabt sein oder interessiert sein. Man muss eine Gabe haben. Aber wenn man hundertprozentig lebt für eine einzige Sache - um mich auszuleben in der Kunst, sei es im Tanz, im Schauspiel - dann hat man gar nicht die Zeit, um sich mit den unerhörten Problemen, die Politik mit sich bringt, zu beschäftigen. Denn wenn ich etwas mache, dann mache ich es immer gern gründlich."
Auch wenn viele Elemente der Olympia-Filme zum festen Bestandteil heutiger Sportreportagen gehören, den historischen und politischen Kontext so zu ignorieren wie die Riefenstahl, zeugt von großer Verblendung.
Autor: Jochen Kürten
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