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21.5.1927: Lindbergh überquert den Atlantik |
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Ich bin an Bord. Mein Gott, was liegt vor mir?! Der Atlantik, Kälte, Ungewissheit - werde ich durchhalten? Wird meine Maschine es schaffen. Mein "Spirit of St. Louis"? Acht Meter lang, 14 Meter Spannweite und 2380 Kilogramm schwer - und fast alles davon Treibstoff und Öl, 1705 Liter.
Ich bin an Bord - die Maschine bringt mich nach Maui auf Hawaii. Gott, ich weiß dass ich sterben muss - der verfluchte Krebs hat mich besiegt. Noch nicht einmal selber fliegen kann ich mehr. Nicht so wie vor 43 Jahren - als ich es allein schaffte. Ich allein, non-stop von New York nach Paris.
Für 25.000 Dollar! Was für eine wahnsinnige Summe das war. Es war die wichtigste Entscheidung meines Lebens - dieser Alleinflug nach Paris.
7.45 Uhr Roosevelt Field. Für mich an Bord sind nur fünf Sandwichs und ein Liter Wasser. Wie lange braucht man nach Paris? Wie lange braucht man für 5750 Kilometer, die vor mir liegen? Und das alles nur mit Kompass und Karte. Gut, ich bin nicht der erste, der den Atlantik im Flugzeug überquert - aber ich bin der erste, der es allein und non-stop schaffen will und wird! John Alcock und Arthur Brown sind vor acht Jahren von Neufundland nach Irland geflogen. Der erste Direktflug zu zweit. Ich bin aber bin allein.
Es war Wahnsinn damals. Ich war todmüde, es war eisig kalt. Und ständig die Angst abzustürzen, das Schicksal der anderen zu teilen, das Schicksal etwa von Harry Hawker und MacKenzie Grieve, nach wenigen Stunden mussten sie notwassern. Andere vor mir waren im Atlantik spurlos verschwunden, verschollen. Es war der 13. Versuch den Atlantik direkt zu überqueren. In London standen die Wetten zehn zu eins gegen mich. Es war Wahnsinn!
Die Reporter sind wahnsinnig. Dieses Gedränge gestern und heute morgen - sie wollen einen Helden. Gut, ich werde und will es schaffen! Ich werde ihr Held werden! Aus dem 25-jährigen Postflieger aus Minnesota, der den Farmern ein paar Kunststücke mit seinem Flieger zeigt, aus mir wird ein Held werden. Verdammt, fast 33 Stunden bin ich schon unterwegs - die Augen tun weh, ich habe Hunger, das Fluggeräusch ist betäubend und einschläfernd zugleich. Wie lange noch? Wird der Treibstoff reichen?
Ich weiß, dass ich nicht mehr lange leben werde. Es war ein seltsames Leben. Immer in der Öffentlichkeit. Erst liebten sie mich, hatten Mitleid als mein Sohn entführt und getötet wurde und verstanden mich nicht, als ich die deutsche Luftwaffe bewunderte. Schimpften mich Nazi. Um mich dann doch noch zum Brigadegeneral zu machen.
Ich habe immer für die Fliegerei gelebt, war Testpilot, habe neue Techniken entwickelt, um die Flugzeuge sicherer und besser zu machen. Und dann die Raumfahrt, woran zunächst niemand glauben wollte, die NASA habe ich von Anfang an unterstützt.
Immer war ich unterwegs - konnte nicht mehr ruhig sein. Bedrohte Tiere, Archäologie und Anthropologie - alles hat mich fasziniert. Indien, China, Indonesien, Europa, Brasilien - überall wollten sie mich sehen, hören und ich wollte überall sein. Ich habe es einmal so beschrieben:
"Kein Mensch vor mir hat über der Erde solche Bewegungsfreiheit besessen."
Und heute? Fliegen wird immer alltäglicher - in riesigen Maschinen. Die Strecke New York-Paris dauert 1974 nur noch zehn Stunden und es wird immer schneller werden.
Ich bin da! 33 Stunden und 30 Minuten nach dem Start in New York-Le Bourget, das Flugfeld in der Nähe von Paris liegt vor mir! Ich habe es geschafft! Für die Franzosen bin ich ein "gosse du ciel", ein himmlischer Teufelskerl! Zehntausende sind da! Ich habe es geschafft - am 21. Mai 1927. Die Welt ist heute ein Stück kleiner geworden!
Autor: Jens M. Teschke
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