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22.6.1942: Premiere von Gründgens "Faust" |
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Gründgens: "In der Berliner Inszenierung des zweiten Teils konnte ich mich weitgehend von früheren Vorstellungen freimachen, wenn ich auch betonen muss, dass die dramatische Vorarbeit von Louise Dumont und Gustav Lindemann für meine 'Faust'-Bearbeitung keinesfalls unterschätzt werden darf. Aber wenn ich glaube - und glaubte - , dass man am Kaiserhof 'Prospekte nicht und nicht Maschinen' schonen darf, so gelang mir doch schon gegen Ende des zweiten Teils eine weitgehende Konzentration auf das Wort, ein weitgehender Verzicht auf dekorative Illustration. Am deutlichsten zeigte sich vielleicht die Entwicklung an der Grablegungsszene."
Der Schauspieler, Regisseur und Intendant Gustaf Gründgens schreibt dies 1959 in "Meine Begegnung mit Faust". 1958 hatte er am Deutschen Schauspielhaus zu Hamburg seine Berliner Inszenierung vom 22. Juni 1942 weiter entwickelt und in eine für lange Zeit stilprägende Form gebracht.
Gleiches galt auch für den "Faust I", den Gründgens erstmals im Oktober 1941 in Berlin inszeniert und 1957, ebenfalls in Hamburg, vom üblichen Butzenscheiben-Schnickschnack befreit und in ein Spiel im Spiel verwandelt hatte.
Gründgens' Ringen um Klarheit in der Faust-Tragödie ist die Geschichte einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Stoff. Schon als blutjunger Eleve findet er die Rolle seines Lebens: den Mephistopheles. Nach der Ausbildung an der Düsseldorfer Theaterakademie unter Louise Dumont und Gustav Lindemann spielt er in Halberstadt, Kiel, Berlin und Hamburg fast das gesamte klassische und moderne Repertoire.
1928 wird er als Schauspieler und Regisseur an Max Reinhardts Deutsches Theater Berlin engagiert. Im Dezember 1932 spielt er am Staatlichen Schauspielhaus unter der Regie von Lothar Müthel den Mephisto in Faust I und im Januar 1933 in Faust II Inszenierung Gustav Lindemann. Während der Nazizeit wird Gründgens Intendant des Staatsschauspiels, später Generalintendant und Preußischer Staatsrat.
Protegiert vom machtbewussten, eitlen Hermann Göring hat Gründgens weitgehende Freiheiten. Sein Theater wird zur künstlerischen "Insel" inmitten der Nazibarbarei, er kann vielen gefährdeten Schauspielern helfen.
Höhepunkt und zugleich fast schon Ende seiner Arbeit am Staatsschauspiel sind die Inszenierungen der beiden Faust-Teile 1941/1942. Die Titelrolle besetzt Gründgens mit Paul Hartmann, dem seiner Meinung nach "männlichsten Darsteller des deutschen Theaters".
Er selbst zeichnet den Mephisto als gefallenen Engel, der mit Gott eine Wette eingeht, von der er weiß, dass er sie verlieren wird. Die Kritiker sind begeistert, schreiben von "Sensation". 1943 ist der Theaterbetrieb angesichts der Kriegslage kaum noch aufrecht zu erhalten, Gründgens meldet sich freiwillig zur Wehrmacht.
1947 wird er Generalintendant der Städtischen Bühnen Düsseldorf, zwei Jahre später führt er Regie in Faust I und spielt den Mephisto. Der Düsseldorfer Zeit schließt sich von 1955 an die Hamburger Ära an, Gründgens' Faust-Inszenierungen am Deutschen Schauspielhaus sind geniale Deutungen eines Weltdramas, seine Mephisto-Darstellungen bis heute unübertroffene Leistungen eines einzigartigen Theatermannes.
Mephisto Grablegung: "Unmündiges Volk, du hast mich überrascht, Sind mit der Beute himmelwärts entflogen; Drum haben sie an dieser Gruft genascht! Mir ist ein großer, einziger Schatz entwendet: Die hohe Seele, die sich mir verpfändet, Die haben sie mir pfiffig weggepascht. Bei wem soll ich mich nun beklagen? Wer schafft mir mein erworbenes Recht? Du bist getäuscht in deinen alten Tagen, Du hast's verdient, es geht dir grimmig schlecht. Ich habe schimpflich missgehandelt, Ein großer Aufwand, schmählich! ist vertan; Gemein Gelüst, absurde Leidenschaft wandelt Den ausgepichten Teufel an. Und hat mit diesem kindisch-tollen Ding Der Klugerfahrne sich beschäftigt, So ist fürwahr die Torheit nicht gering, Die seiner sich am Schluss bemächtigt."
Autor: Karl-Heinz Lummerich |
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