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4.8.1914: England tritt in den Ersten Weltkrieg ein
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Am Abend des 4. August 1914 versammeln sich Henry Asquith, der britische Premier, sein Außenminister Sir Edward Grey und die anderen Mitglieder des Kabinetts im Sitzungssaal der Downing Street. Sie setzen sich um den grünen Tisch des Sitzungssaals und warten. Die Herren sprechen wenig, aber immer wieder geht ihr Blick zur Uhr.

Als draußen die Glocke des Big Ben die elfte Stunde schlägt, erhebt sich die Runde. 20 Minuten später geht das englische Kriegstelegramm mit den Worten: "Krieg, Deutschland, Handeln" ab und Großbritannien befindet sich im Krieg mit dem Deutschen Reich.

"Deutsches Volk. Es muss denn das Schwert nun entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf, zu den Waffen. Jedes Schwanken, jedes Zögern wäre Verrat am Vaterlande." So der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. Obwohl beide Länder, Großbritannien und das Deutsche Reich, sich die voran gegangenen zehn Jahren militärisch auf diesen Fall vorbereitet haben, ist die politische Entscheidung, in den Krieg einzutreten, in Großbritannien bis zuletzt umstritten.

Bündnisse

Als am 28. Juni 1914 der österreichische Thronfolger von serbischen Nationalisten in Sarajevo ermordet wird, ist die Mehrheit der Briten der Meinung, dieser kontinentale Konflikt ginge sie nichts an. Einige Wochen später wird schlagartig klar, dass dies nicht zutrifft.

Spätestens mit dem österreichischen Ultimatum an Serbien vom 23. Juli droht der bi-nationale Konflikt sich auszuweiten, denn fast alle europäischen Großmächte haben sich per Bündnis schon auf eine politische Option festgelegt. Deutschland hat seinem österreichischen Nachbarn eine Art Blankoscheck gegeben, es werde ihn bei allen Maßnahmen unterstützen.

Für die Russen ist ein österreichischer Angriff auf Serbien nicht hinzunehmen. Ein deutsch-russischer Krieg zieht unweigerlich das Eingreifen Frankreichs nach sich. Die einzige offene Frage: Was würde Großbritannien tun?

Interessen Großbritanniens

In Großbritannien gibt es die politische Tradition, sich nicht in die Angelegenheiten des Kontinents zu mischen, es sei denn, die vitalen Interessen Großbritanniens seien in Gefahr. Ob diese Gefahr aber aktuell bestehe, darüber ist selbst das Kabinett zerstritten. Am 1. August schreibt der liberale Premierminister Asquith an eine Freundin: "Rücktritte werden angedroht. Die Hauptkontroverse dreht sich um Belgien und seine Neutralität. Wenn wir in den Krieg ziehen, wird es im Kabinett eine Spaltung geben. Wenn Grey geht, würde ich auch gehen, und dann würde alles auseinander brechen."

Zwei Tage später, am 3. August, gelingt es dem Außenminister Sir Edward Grey im Parlament die Mehrzahl der Abgeordneten davon zu überzeugen, dass Großbritannien sich nicht länger heraushalten könne: "Ich kann mir keinen Augenblick lang vorstellen, dass wir am Ende dieses Krieges, selbst wenn wir uns heraushielten, in der Lage wären, das rückgängig zu machen, was der Krieg gebracht hat, und zu verhindern, dass der ganze Westen Europas vor unseren Augen unter die Herrschaft einer einzigen Macht fiele."

Schließlich ist es die Frage der belgischen Neutralität, die den Ausschlag gibt. Die deutschen Angriffspläne gegen Frankreich sehen seit langem vor, durch Belgien zu marschieren, ein Verstoß gegen das Abkommen von 1839, in dem die immerwährende Neutralität Belgiens festgeschrieben worden ist. Großbritannien ist neben Frankreich und Russland eine der Mächte, die sich verpflichtet hat, die Unverletzlichkeit der belgischen Grenzen zu schützen.

Ultimatum und Kriegseintritt

Als am Morgen des 4. August deutsche Truppen die belgischen Grenzen überschreiten, bittet der belgische König die Garantiemächte um militärische Hilfe. Großbritannien stellt daraufhin ein Ultimatum an das deutsche Reich, die Invasion in Belgien zu stoppen. Wenn bis Mitternacht deutscher Zeit keine zufriedenstellende Antwort aus Berlin komme, werde Großbritannien Deutschland den Krieg erklären.

Die Antwort bleibt aus und am nächsten Tag beginnt mit dem deutschen Angriff auf Lüttich die erste Schlacht des Ersten Weltkrieges, der vier Jahre dauert und zehn Mio. Menschen das Leben kostet.



Autorin: Rachel Gessat
   
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